Freitag, 27. Juni 2025, Waldeckische Landeszeitung / Lokales
Leben und Werk des britischen Autors in der Korbacher Stadtbücherei vorgestellt
Dr. Tobias Metzler und Dr. Sasikarn Kongsak stellten Werke von Eric Arthur Blair (alias George Orwell) vor. © Foto: Osterhold
Korbach – Der britische Autor George Orwell ist den meisten bekannt als Autor der Bücher „Animal Farm“ und „1984“, doch hinter seiner Person steckt noch viel mehr: Viele weniger bekannte Werke und ein bewegtes Leben, das am vergangenen Montag in der Stadtbücherei vorgestellt wurde.
Büchereileiter Dr. Tobias Metzler hatte die Stationen aus dem Leben Eric Arthur Blairs, wie Orwell mit bürgerlichem Namen hieß, aufgearbeitet und zusammengestellt, und Dr. Sasikarn Kongsak las aus Orwells Texten im Original. Und es war eigentlich mehr als ein Leben. Die Botschaft: Orwells Gedanken – zumindest aus vielen seiner Werke – sind bis heute und gerade heute wieder hochaktuell, so sehen es viele und auch Tobias Metzler. Er habe zu seiner Zeit häufig Wahrheiten ausgesprochen, die, wie er meinte, die Menschen hören müssten, obwohl sie es vielleicht nicht wirklich wollten. Und er wurde in verschiedenen Epochen der Geschichte aus unterschiedlichen politischen Lagern immer wieder gerne instrumentalisiert. Und auch schon mal verboten waren seine Werke in unterschiedlichen Ländern.
So kam in der Orwell-Hommage auch manches zutage, was bisher nur Insidern der englischen Literaturgeschichte zugänglich war. Trotzdem muss Orwell (geb. 1903) zunächst verstanden werden aus seiner Zeit heraus. Er war unter anderem Kolonialbeamter in Burma, kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg, arbeitete als Journalist für die BBC. Über 20 Romane, Reportagen und Essaysammlungen sind in seinem Leben entstanden. Deshalb kann er nicht reduziert werden auf seine populären Werke, die als Utopien irgendwann in den Klassenzimmern landeten und zur Schullektüre wurden.
Den Kolonialismus und den Niedergang des „British Empire“ hat er kritisch begleitet und die Jahre der Depression in Großbritannien. Gesellschaftliche Ungleichheiten, den aufkommenden Nationalsozialismus und Totalitarismus hat er angemahnt und sich damit nicht nur Freunde gemacht. Ein kritisches Auge hatte er auf die bürgerliche Mittelschicht, den Faschismus und vor allem das Mitläufertum allerseits. Sein Einsatz galt prinzipiell der Wahrhaftigkeit und der Freiheit, der Selbstbestimmung und Authentizität.
Viele, ja die meisten seiner Werke, sind in Vergessenheit geraten, einige sind nicht einmal in anderen Sprachen erschienen. Umso spannender war der Orwell-Abend für Besucherinnen und Besucher in der Stadtbücherei, die einem ganz anderen Orwell begegneten als sie bisher kannten. HANS PETER OSTERHOLD